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Tiere schauen

Sister Mary Carambo, die mir schon vor zwei Jahren geholfen hat, von St. Clare aus eine  Vorlesung für meine Studenten an der Hochschule in München zu halten, hat uns abends noch den Router mit einer SIM-Karte bestückt, sodass wir WLAN haben und  frühmorgens zunächst einmal ein kleines Büro auf der Terrasse des Gästehauses eröffnen.

Nach dem Frühstück ist noch ein bisschen Zeit, weil Emmanuel und Berna noch nicht da sind, und so besichtigen wir zusammen mit Sister Lilian das von Papa Beppo gebaute kleine Dorf aus runden Hütten, die vom Personal bewohnt werden. Beppo ist ein Niederösterreicher in den Mitsiebzigern, der seit langer Zeit immer mal wieder für einige Wochen hierher kommt und alles macht, was handwerklich zu tun ist. Er kann zwar kein Englisch, aber trotzdem verstehen ihn alle und alle lieben ihn. 

Wir schauen uns auch das neue Schulgebäude an, in dem derzeit ungefähr 100 Schülerinnen und Schüler der oberen Klassen der Primary School untergebracht sind. Dass das Gebäude auch von Emmanuels Firma gebaut ist, lässt sich unschwer erraten. Alles hat sehr gute Qualität.

Auf dem Rückweg warten Sister Mary Carambo und Sister Judith auf uns und zeigen uns noch Beppos Museum. Da er in Niederösterreich ein großes Museum aufgebaut hat, ist dies hier wohl als kleine ugandische Außenstelle zu betrachten.

Inzwischen sind Emmanuel und Berna eingetroffen, die Übernachtungen werden bezahlt und Sister Lydia bekommt auch noch etwas finanzielle Unterstützung für das Heim. Für die Kinder haben wir eine größere Menge Süßigkeiten mitgebracht und die Schwestern bekommen noch etwas Nervennahrung.

Alle Schwestern beteuern, wie sehr sie sich gefreut haben, dass wir hier Station gemacht haben und dass wir unbedingt bald wiederkommen sollen, was wir gerne versprechen.

Dann geht es zum nahegelegenen Nationalpark Murchison Falls. Wir haben für heute Abend eine Lodge am Rand des Nationalparks, die wir zunächst ansteuern, um die Koffer auszuladen. Wir fahren aber dann gleich weiter, weil wir für eine Bootsfahrt auf dem Nil angemeldet sind und wie immer ein bisschen spät dran sind. Auf der Fahrt dorthin sehen wir die ersten Antilopen, Affen und auch schon ein paar Elefanten. 

Am Ufer bezahlt Emmanuel und wir anderen sollen gleich auf ein Boot gehen, das gerade anlegt. Noch bevor Emmanuel kommt, legt das Boot plötzlich ab, aber weil der Verantwortliche an Bord keinen Nachweis hat, dass wir überhaupt bezahlt haben, lässt er das Boot glücklicherweise noch einmal anlegen, sodass auch Emmanuel mit den Fahrkarten an Bord kommen kann.

Wir fahren dann langsam am Nilufer entlang und bestaunen die Tierwelt – und zu staunen gibt es wahrlich genug. Wir sehen fast durchgängig Nilpferde, die hier ja ihren Namen in jedem Fall zurecht tragen. Wir nähern uns mit dem Boot auch ganz nahe einem Krokodil, das nach Einschätzung des Bootsführers ungefähr sechs Meter lang ist. Immer wieder sind auch Elefanten am Ufer zu sehen und große und kleine Vögel aller Art flattern umher, wobei man bei Adlern und großen Reihern wohl nicht von flattern sprechen kann. 

Nach ungefähr einer knappen Stunde gibt der Bootslenker dann Gas und wir fahren eine weitere Stunde flußaufwärts, um vom Fluss aus die Murchison Falls zu sehen. Wegen der starken Strömung kann man nicht allzu nahe an die gewaltigen Wasserfälle heran, angeblich ist es der wasserstärkste Wasserfall weltweit. Ich habe gelesen, dass es am Fuße des Wasserfalls viele Krokodile gibt, da die Fische den Fall nicht überleben und so die Krokodile nur darauf warten müssen, dass sie vorbei treiben. 

Die Rückfahrt geht etwas schneller, weil wir nun flussabwärts fahren. Um unser Fahrzeug herum sind ein paar Paviane, von denen einer sich nur mit einem lauten Schrei davon abhalten lässt, aus dem Auto Obst zu stehlen. 

Bis zum Abend geht es nun noch durch den Park, um weitere Tiere zu sehen. Sehr elegant sind die Giraffen, die sich auch gerne fotografieren lassen. Ein Adler verteidigt seine Beute mit ausgespreizten Flügeln, als wir vor ihm anhalten.

Geraume Zeit vergeht damit, nach einem Löwen zu suchen. Die Ranger, die Motorräder unterwegs sind, zeigen uns eine Stelle, von der aus man drei schlafende Löwen erahnen kann. Obwohl wir alle auf das Dach des Fahrzeugs steigen, sieht man, wenn man ehrlich ist, nur ein paar braune Flecken. Da sich daran die nächsten zwanzig Minuten nichts verändert, klettern wir wieder nach unten und fahren weiter. Emmanuel spricht mit einem der Ranger und vielleicht aufgrund der vertrauten lokalen Sprache führt uns der Ranger zu einem Platz unweit der ersten Stelle und bedeutet uns, ins Gras zu fahren, was eigentlich nicht erlaubt ist. Fünfzig Meter weiter liegt eine Löwin, an die wir sehr nahe heranfahren können, ohne dass die davon groß Notiz nimmt. Bei meinem dritten Nationalpark-Besuch nun endlich einen Löwen zu sehen, ist schon ein echtes Highlight.

Langsam wird es dunkel und wir kehren zur Lodge zurück. Nach dem Duschen treffen wir uns zum Abendessen im Restaurant und freuen uns über die Erlebnisse des Tages. Emmanuel muss noch kurz weg und ich frage ihn, ob es Probleme gibt. Seine Antwort ist: „There are no problems, only solutions.“ Das passt zu ihm.

Die Nachtruhe ist etwas beeinträchtigt, da unweit der Lodge bis sechs Uhr früh laute Musik läuft, trotzdem treffen wir uns gut gelaunt um halb sieben zum Frühstück. Wir bestaunen die morgendliche Tierwelt, eine mittlere Büffelherde, eine beträchtliche Ansammlung von Antilopen – offensichtlich eine Clan-Versammlung am Sonntag Vormittag – immer wieder Giraffen und vieles andere mehr. 

Eine ganze Zeit fahren wir am Albert-See entlang, was mich sehr freut, da wir es bei meinem ersten Besuch in diesem Park nicht bis hierher geschafft haben. Bei einer Pause sind kleine Libellen zu beobachten, die auf der Stelle fliegen können wie Kolibris, und deren Flügel so aussehen, als wären vier Puschel daran wie bei Cheerleaders.

Nun wird es Zeit zu den Murchison Falls zu fahren – diesmal von der Landseite. Ein kurzer Fußmarsch bringt uns unmittelbar zu diesen gewaltigen Wasserfällen. Der an dieser Stelle schon mehrere hundert Meter breite Nil zwängt sich hier durch eine schmale Enrstelle und fällt mir lautem Rauschen in die Tiefe. In der Gischt des Wassers entsteht ein großer Regenbogen, der sich über das Szenario spannt. Nach einigen Minuten des Zuschauens sind wir wie bei Sprühregen leicht geduscht, was aber angesichts der Temperaturen sehr angenehm ist. 

Man kann sich kaum von dem Anblick losreißen, aber wir müssen zügig los, weil wir rechtzeitig den Park wieder verlassen müssen. Wir werden von einem Polizisten mit einer Radarpistole aufgehalten, der aber wohl nur testet, ob sich unser Fahrer Mesogge und Emmanuel verunsichern lassen,. Er gibt aber schnell auf und wir können weiterfahren. Die Ausfahrt aus dem Park erreichen wir zwölf Minuten später als auf unserem Einfahrtsschein dokumentiert ist. Der kontrollierende Officer macht ein böses Gesicht und lässt uns zunächst einmal ein paar Minuten warten. Er läuft kreuz und quer, da Emmanuel aber einfach abwartet, kommt er am Ende doch zurück und lässt uns fahren, da er wohl keine Hoffnung mehr hat, ein bisschen Extrageld zu bekommen. Emmanuel kann sich über solches Gehabe sehr aufregen.

Nun geht es zurück nach Kampala – eine Fahrt von ungefähr fünf Stunden. Wir fahren direkt das Ndere Cultural Center an, wo wir für eine traditionelle Tanzaufführung und ein Abendessen angemeldet sind. Das Kulturzentrum ist sehr schön gestaltet und die Aufführung findet im Freien statt, die Bühne befindet sich unter einem riesigen Baum. Wir sehen Aufführungen zu einzelnen Regionen von Uganda, auch das Acholiland ist dabei. Die ungefähr fünfzig Darsteller sind hochprofeesionelll und trommeln und singen und tanzen, sodass wir alle ganz fasziniert sind. Und auch das Abendessen schmeckt köstlich. Am Schluss müssen alle Zuschauer mittanzen.

Gegen halb zehn sind wir wieder in der African Roots Lodge zurück, setzen und noch für ein Bier auf die Veranda, dann geht es ins Bett mit der Aussicht, ausschlafen zu können.

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