Für den heutigen Tag gibt es ein großes Programm, in dessen Mittelpunkt die Zeugnisverleihung für die Absolventen steht, und auch neue Gebäude sollen gesegnet werden. Wir wollen um halb neun vom Guesthouse zum Schulgelände fahren, aber weil Emmanuel, Robert und ich uns noch in eine tiefgreifende Diskussion verstricken, bei der es um die strategische Ausrichtung unserer Aktivitäten, aber auch um Personalthemen geht, kommen wir erst um neun los. Dass wir zehn Minuten zu spät ankommen, ist aber kein großes Problem, weil außer den Absolventen und einigen Eltern noch niemand da ist. Außerdem wird noch fleißig dekoriert. Wir sind wenig überrascht, weil es bisher immer so war.
Barbara und ich starten deshalb noch einen Rundgang auf dem Schulgelände, um uns einen Überblick zu verschaffen. Kurz vor Weihnachten wurde noch begonnen, den Sanitärbereich für die Personalunterkünfte zu bauen. Der Bau ist schon sehr weit gediehen und mehrere Arbeiter sind auf der Baustelle aktiv. Wir fragen, wann die Räume nutzbar sein werden und erwarten eine Antwort im Bereich von zwei bis drei Wochen. Der Vorarbeiter lächelt und sagt, dass morgen alles fertig und ab Montag nutzbar sein wird.
Gegen zehn Uhr beginnt der Gottesdienst, obwohl die Plätze nach wie vor nur dünn besetzt sind. Der Gottesdienst wird gehalten von Father Joe, den wir bei unserer ersten Reise nach Adilang in Pymol besucht haben, und Father Felix vom Ocee Jesuit College in Gulu. Der Gottesdienst wird in Acholi gehalten, sodass wir nicht allzu viel verstehen, aber die von einem Chor gesungenen Lieder sind eine schöne Auflockerung.
Am Ende des Gottesdienstes setzen wir uns in Bewegung, um dabei zu sein, wenn Father Felix die neuen Gebäude segnet – und wir haben eine ganze Menge davon. Zunächst geht es zum neuen Technology-Block, dann zum Sanitärbereich für das Personal – dass daran noch gearbeitet wird, ist eine Messungenauigkeit, dann ist das neue Einfahrtstor dran und am Schluss die Küche. Wenn man es ganz genau nimmt, wurde die Küche schon bei der Eröffnung am Unabhängigkeitstag gesegnet, aber durch die neue Biogasanlage geht das durchaus noch einmal. Bei jeder Station gibt es neben Segensworten und Weihwasser vom Priester auch eine sichtbare Eröffnung mit Durchschneiden eines Bands, was jeweils von jemanden von uns als Sponsor, einem Vertreter der Schule und Julias, dem Vater von Emmanuel, von dessen Familie wir den Grund bekommen haben, vorgenommen wird.
Danach werden auch noch die neuen Fahrräder gesegnet, die hoffentlich lange Zeit gute Dienste leisten.
Zwischendurch gibt es dann zur Auflockerung einen traditionellen Tanz, bei dem man dass Bewegungstalent und das Rhythmusgefühl der Akteure nur bewundern kann.
Nach Abschluss des Gottesdiensts ergreift der Schulleiter das Wort, begrüßt alle Gäste und hält noch eine lange Rede, von der wir wiederum kaum etwas verstehen. Dann geht es los mit der Zeugnisverleihung. Da die formale zweijährige Ausbildung, die im letzten Jahr gestartet wurde, nun erst bei der Hälfte angekommen ist, erhalten an diesem Tag die gut vierzig DIT-Studentinnen und Studenten ihre Zeugnisse. Sie sind in feierliche Roben eingekleidet worden, so wie man es bei uns von Bachelor-Feiern kennt. Viele haben Verwandtschaft dabei und insbesondere bei den jungen Frauen gibt es bei jedem Namen, der aufgerufen wird, einen Jubelsturm der dem nahe kommt, wenn in einem Champions League-Spiel das entscheidende Tor geschossen wird.
Nun ist der Royal Dance dran, ein Tanz, der nur zu besonderen Gelegenheiten aufgeführt wird. Das Schöne daran ist, dass sich bald mehr und mehr Menschen unter die Tanzgruppe mischen und mitmachen. Der Bürgermeister ist sowieso Meister in dieser Disziplin und auch Berna hat großen Spaß, bei den traditionellen Tänzen mitzumachen. Und es dauert nicht lange, bis wir uns auch unter den Tanzenden wiederfinden – ein großer Spaß.
Es ist inzwischen halb zwei, wir haben langsam Hunger und es ist heiß. Vor dem Mittagessen müssen aber noch Reden gehalten werden. Das macht auch viel Sinn, weil – wie Berna mir erklärt – die Leute hören sich das alles sehr geduldig an, wenn sie wissen, dass es danach Essen gibt. Aber es zieht sich. Makhmot, der Bruder von Berna, der ein zweites Mal ins Parlament von Uganda gewählt werden möchte, muss reden, die für Adilang zuständige Vertreterin des Distrikts Honorable Berna redet sehr lange, der Bürgermeister muss reden, der stellvertretende Leiter der Lehrerschaft im Distrikt darf nicht fehlen, und natürlich muss auch Emmanuel etwas sagen. Im Rahmen seines Auftritts stellen sich alle Mitglieder von Dongo Paco vor und auch wir müssen uns in die Mitte stellen und jeder von uns muss ein paar Worte sagen. Wie wir denken, es ist überstanden, kommt noch der Guest of Honor dran. Dabei handelt es sich interessanterweise um einen hochrangigen Vertreter des Distrikts Gulu, der vor zwei Jahren noch Lehrer an unserer Berufsschule war. Spaßeshalber sage ich zu Robert, die finden bestimmt noch einen Redner und schon steht noch einmal jemand in der Mitte, dessen Funktion ich nicht genau verstehe und auch er muss noch einiges von sich geben.
Um vier, also sechs Stunden nach dem tatsächlichen Beginn, gibt es dann tatsächlich etwas zu essen. Die Veranstalter haben die Anzahl der eingeladenen Gäste, die am Essen teilnimmt, auf 400 begrenzt. Für die meisten wurde am Rand des Schulgeländes gekocht, für die Ehrengäste wurde im Guesthouse gekocht. Wie wir erfahren, haben die Mädels dort maximal eine Stunde geschlafen. Wir werden im Vorraum der neuen Küche verköstigt und es schmeckt wunderbar.
Danach ist buntes Treiben auf dem Schulgelände. Auf dem Fußballplatz findet ein Spiel zwischen Adilang und einem benachbarten Dorf statt. Die neuen Fahrräder werden fleißig ausprobiert. Die Schneiderinnen unserer Schneiderei bieten Kleider an – übrigens trägt die Distrikt-Vertreterin Honorable Berna mit großem Stolz ein Kleid von Dongo Paco Tailors & Designers. Viele Besucher gehen auf dem Schulgelände rum und schauen sich alles an.
Heike hat Spiele für die Kinder vorbereitet. Mit einem Bettlaken, das zwischen Bäume gespannt wird, hat sie eine Torwand gebastelt, es gibt Federballschläger, einen Volleyball, kleine Stelzen und Springseile. Wir blasen Luftballons auf und werden fast erdrückt von den Kleinen, die unbedingt einen haben wollen. Ganz sicher werden die Kinder diese Stunden lange nicht vergessen und sich vielleicht auch später das Vocational Training Institute positiv im Hinterkopf haben.
Barbara hat für die Kinder Bastelsachen vorbereitet, ihre Anleitungen finden aber große Begeisterung bei den Schneiderinnen und anderen erwachsenen Frauen und so hat auch sie eine sehr intensive und gleichzeitig lustige Zeit.
Emmanuel, Robert und ich sprechen zwischendurch mit Father Joe über das Thema Internet. Father Joe ist diesbezüglich einfach unglaublich. Er ist der festen Meinung, dass junge Menschen heutzutage viel Wissen am besten aus dem Internet bekommen. Da er mit den Angeboten der Telekommunikationsfirmen nicht zufrieden war, hat er beschlossen, mit der Hilfe von amerikanischen Freunden ein Richtfunknetz zu errichten, das inzwischen unter dem Namen Don Bosco-Network bekannt ist. Wir leiten alles in die Wege, dass innerhalb weniger Tage geklärt wird, ob es Sinn macht, unser Schulgelände in dieses Netzwerk einzubinden und ich gehe davon aus, dass dies so sein wird. Das bedeutet, wir bekommen in kürzester Zeit verlässliches Internet.
Gegen sieben Uhr geht die Feier zu Ende, erstens, weil es dunkel wird, zweitens, weil es, obwohl Trockenzeit ist, zu regnen beginnt. Wir packen unsere Sachen und fahren zum Guesthouse.
Dorthin kommen später auch der Bürgermeister von Adilang Tranig Center Santo San, sein Kollege von einer Gemeinde von Greater Adilang Mohammed, Honorable Berna, unser Schulvorstandsmitglied Peter Cox und die Dongo Paco-Vertreter Rebecca, Vivian und Francis. Wir erzählen von den Themen, die wir am Montag in Entebbe intensiv diskutiert hatten, insbesondere von der Idee, eine genossenschaftliche Struktur für die Landwirtschaft aufzubauen. Ich denke, alle haben verstanden, dass die große Herausforderung dabei nicht Gebäude und Maschinen sind, sondern eine funktionierende Struktur aufzubauen, die Menschen zu überzeugen mitzumachen und ein paar Köpfe zu finden, die so ein Thema mit Leidenschaft vorantreiben. Wir bekommen sehr viel Zustimmung und können damit beginnen, über erste konkrete Schritte nachdenken.
Es wird ein langes Gespräch und so ist es zehn Uhr, als es Abendessen gibt und kurz vor zwölf falle ich todmüde ins Bett.
Lieber Albert,
das war ja ein höchst spannender Tag, erstaunlich dass Du danach noch in der Lage warst etwas aufzuschreiben. Danke für Deine schönen Berichte.
Die Stimmung dort – von jedermann – ist so freudig und voller Hoffnung – ja: Überzeugung, dass dies alles ein großer Schritt vorwärts ist und weiterhin sein wird.
Alles Gute
Traudl aus Würzburg
Liebe Traudl,
nach so einem Tag noch etwas aufzuschreiben, wäre für mich wirklich nicht machbar. Die für mich gangbare Alternative ist einfach, früher aufzustehen als die anderen und alles auf den Weg zu bringen. Wenn ich es schaffe, im Takt zu bleiben, ist es ok. Ansonsten hast du Recht, die Hoffnungen, aber auch die Erwartungen sind groß. Hoffentlich können wir viel davon erfüllen.
Liebe Grüße,
Albert
Lieber Albert,
so eine andere Welt! Danke für die ausführlichen interessanten Berichte!
Ich wünsche euch noch viel Erfolg und viele schöne Momente,
liebe Grüsse auch an Heike und die anderen
Andrea
Danke, Andrea, es ist alles hoch spannend. Durch eure großartige Unterstützung ist viel möglich und wir versuchen, die zur Verfügung stehenden Mittel möglichst effektiv einzusetzen.
Ganz liebe Grüße,
Albert
danke, Albert für den interessanten Bericht .
Wo nimmst du die Energie nur her?
….und die Reden nach dem Motto Karl Valentins: Es ist schon alles gesagt, aber noch nicht VON ALLEN😅
Liebe Grüße
Hildegard
Liebe Hildegard,
nach den zehn Tagen werden wir – wie immer – ziemlich platt sein, aber solange wir hier sind, versuchen wir, möglichst viel zu bewegen.
Liebe Grüße,
Albert